Joseph Otto will Stadtrat werden

Elias Adam Joseph Otto, so sein vollständiger Name, war nicht irgendwer, sondern er war Assessor beim Würzburger Stadtgericht. Da war der Gedanke,  er könnte Mitglied des Stadtrats  werden, gar nicht abwegig.

Hartnäckig war er auch. Bereits im Vorjahr hatte er bei einer Ratswahl seinen Hut in den Ring geworfen, allerdings erfolglos. Nun war am 17. April Stadtrat Johann Jacob Balbus verstorben, und Otto nahm einen neuen Anlauf. Daran sieht man einen wichtigen Unterschied zu heutigen Stadtratswahlen: Wer einmal drin war, der blieb auf Lebenszeit Stadtrat (so etwas gibt es heute nur noch beim hochverehrten Stadtrat Willi Dürrnagel). Einen neuen Stadtrat (an Rätinnen war nicht zu denken, es war eine reine Männergesellschaft) gab es nur, wenn ein alter gestorben war.  Und auch die Wahl war ganz anders als heute: Im Stadtrat wurde eine Vorschlagsliste erstellt, auf der drei Namen standen. Daraus suchten dann Fürstbischof und Domkapitel im Wechsel den neuen Ratsherrn aus.

Otto wollte auch auf diese Liste, aber es gab ein Problem. Es war nämlich üblich, dass die Ratsherrn ein Haus in Würzburg besaßen. Otto hatte keins. Dafür hatte er eine Idee. Er fragte sich nämlich, ob der Hausbesitz nur üblich sei, oder aber eine feststehende Vorschrift? Otto hatte herausgefunden, dass die Sache in der noch auf Bischof Aschhausen und das Jahr 1618 zurückgehenden Ratsordnung gar nicht eindeutig geregelt war. Deshalb schrieb er nun an den Fürstbischof und bat um Dispens. Dispens – ein für die Frühe Neuzeit entscheidendes, ein geradezu magisches Wort. Dispens bedeutete, dass es zwar eine Regel gab, diese aber im vorliegenden Fall nicht angewandt werden musste.

Otto bat also beim Fürstbischof wegen des Hauses um einen Dispens. Er führte gute Gründe an: Hausbesitzer war er durchaus, das Haus lag in Randersacker, wo er auch sechs Morgen Weinberge sein Eigen nannte. Dann erwähnte er noch, dass sein Großvater und ein Onkel mütterlicherseits Geheime Räte in Diensten der Schönborns gewesen seien und sein Vater und ein Vetter den Posten eines Lehenssekretärs innegehabt hatten.

Die Würzburger Regierung gab ihm Recht. Ein Dispens sei gar nicht nötig, weil der Hausbesitz in Würzburg für Stadträte eben keine Pflicht sei. Er solle sich, um gewählt zu werden, gute Freunde suchen.

Geklappt hat es dann trotzdem nicht. Als Ratsherr lässt sich Otto nicht nachweisen. Gewählt wurde 1720 Georg Konrad Siegler, der als Sekretär des Geistlichen Rats auch schon einen Posten vorzuweisen hatte. Welche Posten seine Verwandtschaft eingenommen hatte wissen wir nicht.

Ob er ein Haus in Würzburg hatte?

Staatsarchiv Würzburg, Gebrechenamt W 815. Das Gesuch Ottos wird am 7. Mai 1720 im Gebrechenamt präsentiert. Recherche und Transkription: Florian Praßler.