Kenner der Materie beschreiben den Unterhaltungswert von Sitzungen des Stadtrats als durchaus schwankend. Das war wohl früher auch nicht anders. Obwohl die Zeiten sich sonst sehr geändert haben. Zum Beispiel gab es 1720, unglaublich eigentlich, noch keine CSU …
Werfen wir einen Blick in das Protokoll der Sitzung vom 20. Dezember 1720. Was wurde verhandelt? Zunächst musste der Rat sich ärgern: Der Wächter am Sandertor hatte auf eigene Faust den Zoll erhöht. Was bildete der Kerl sich ein? Unmöglich! Er wurde vorgeladen.
Dann ein höchst wichtiges Thema: der Wein der Stadt. Der alte Ratsbüttner war nämlich verstorben, und seine Witwe Eva Sabina Sandfuß hatte nun einen sehr schönen Brief geschrieben, in dem sie vorschlug, doch ihren Sohn zu seinem Nachfolger zu machen. Qualifikation: tadellos, schließlich hatte der Vater treue Dienste geleistet. Das überzeugte auch den Stadtrat und Sandfuß junior wurde neuer Ratsbüttner.
Dann vergab der Stadtrat einen Kredit. Philipp Jacob Brückner hatte um 400 Gulden gebeten und bekam sie auch, musste dafür aber seine Weinberge und das Haus seiner Schwiegermutter als Pfand einsetzen. Vier weitere Kredite wurden in der Sitzung noch vergeben – der Stadtrat war auch eine Bank.
Dann musste der Stadtrat sich um ein Stipendium kümmern: Mit Burchards Stipendium wurden begabte Studenten beim Studium in Würzburg unterstützt. 1720 hatte der Sohn von Konrad Friedrich Dietmann das Stipendium. Aber nun hatte es Klagen gegeben. Der Sohn könne sich nicht benehmen, hieß es. Konnte man aber ein Stipendiat der Stadt sein, wenn man sich nicht benehmen konnte? Der Stadtrat sagte nein.
Dann wurde es ernst. Würzburg in Gefahr. Es ging um den Schutz der Würzburger. Immer wieder kamen nämlich Fremde mit ansteckenden Krankheiten nach Würzburg. Das durfte nicht sein. Es galt zu verhindern, dass ein „gefährliches contagium“ sich einschlich. Der Stadtrat beschloss, beim Bischof eine Entschließung zu erwirken, nach der die Torwächter die Reisenden strenger kontrollieren sollten.
Schließlich auch noch schöne Themen. Der Rat konnte vier neue Würzburger in der Stadt begrüßen, indem er ihnen das Bürgerrecht verlieh. Unterstützung bekam Veronica Stuhler, eine arme Bürgerin mit einem Leiden am Bein. Der Stadtrat beschloss, ihr zwei Gulden zu geben, damit sie sich vom Barbier behandeln lassen konnte. Und der Stadtrat konnte noch eine weitere Wohltat beschließen: Barbara Diehm wollte heiraten. Da sie sich immer wohl verhalten hatte und ihr Ruf tadellos war, sprach der Stadtrat ihr das städtische Jungferngeld zu.
So waren die Stadtratssitzungen damals: Von Strafen bis zu Krediten und Familienpolitik wurde allerlei verhandelt, und Postengeschacher gab es auch.
Stadtarchiv Würzburg, Ratsprotokoll vom 20. Dezember 1720. Bearbeitung: Stephanie Müller.