Unterfranken gilt heute als Faschingshochburg, mit Sitzungen, Masken, Umzügen und allem, was sonst noch so dazugehört. Jahr für Jahr wird genau hingesehen, in welchem Kostüm die politische Prominenz in Veitshöchheim einläuft. Es vor der Fastenzeit noch mal so richtig krachen zu lassen, gilt als typisch katholisch.
Da wundert eine Verordnung, die Fürstbischof Philipp Franz von Schönborn am 18. Januar 1720 erließ. Fastnachts-Spiele und Mummereien (also Maskenbälle) hätten zu skandalösen und ärgerlichen Exzessen geführt, was den Zorn Gottes hervorgerufen habe und Jung und Alt ein schlechtes Beispiel gab. Deswegen ordnet Philipp Franz an: Maskeraden und Fastnachts-Spiele sind in der kommenden Faschingszeit ebenso verboten wie jede Form von Musik und Tanz sowohl in Wirtshäusern wie bei Privaten. Das Verbot soll für jedermann gelten, unabhängig von Stand, Würde und Wesen.
Ein nahezu vollständiges Faschings-Feier-Verbot! Man muss hier allerdings zwischen der Norm und der Realität unterscheiden. Ein Indiz dafür ist schon der Umstand, dass gerade solche Verbote von Exzessen im Jahr 1720 schon auf gut 150 Jahre Tradition zurückblicken konnten. Alle paar Jahrzehnte wurden sie wiederholt. Bewirken taten sie wenig.
Die Historiker haben in jüngster Zeit viel Energie in die Sammlung und Auswertung solcher Verordnungen gesteckt. Vor zwei Jahren ist auch der Band erschienen, in dem die Mandate des Hochstifts Würzburg versammelt sind. Hier kann man wunderbar nachlesen, wie die Produktion von Gesetzen im Staat der Frühen Neuzeit mehr und mehr in Fahrt kam. Im 17. Jahrhundert ging es los, Julius Echter war in seinen 44 Regierungsjahren (1573-1617) noch mit 29 Verordnungen ausgekommen. Damit lag er etwa auf gleicher Höhe mit dem Hochstift Münster, das es in diesen Jahren auf 32 Mandate brachte. In Speyer dagegen waren es schon 42, und im Hochstift Augsburg bewegte man sich mit 138 Verordnungen schon in ganz anderen Dimensionen. Ob das Leben in Augsburg damit anders (oder im Sinne der Obrigkeit: besser) war als in den anderen Territorien, darf allerdings bezweifelt werden. Denn es handelt sich, wie gesagt, um die Norm, nicht um die Realität. Und die Fastnachts-Spiele, davon kann man wohl ausgehen, gingen auch in Würzburg weiter, trotz der Verordnung des Fürstbischofs.
Diözesanarchiv Würzburg, Würzburger Verordnungen 1710-1723, Nr. 1065. Recherche und Transkription: René Dabrock.